Von Kerstin
Eltern wissen, dass Kinder vieles von dem am Tag erlebten erst abends oder nachts verarbeiten.
Ihren Ursprung hat die virtuelle Berühmtheit in Japan. Ein japanischer Künstler erstellte eine Puppe mit hervorquellenden Augen, einem wie mit dem Messer geschnittenen Mund und weiteren ästhetischen Innovationen wie Vogelbeinen unterhalb der Brust. Ein Bild davon gelangte 2016 ins Internet, genauer gesagt zu Instagram. So weit, so harmlos, denn noch blieb das Interesse an Momos außergewöhnlichem Look begrenzt. Doch das Internet vergisst nichts. 2018 gelangte die Momo-Fratze zu erster Berühmtheit: Über das Forum Reddit wuchs das Interesse. Bald darauf nutzten vermeintliche Spaßvögel das Gesicht, um Kindern via Cyber-Mobbing Angst einzujagen. Besonders effektiv funktionierte das via WhatsApp und mit „Momo-Profil“. Was früher in der Schule der Kettenbrief, ist heute die WhatsApp mit Aufforderung zum Teilen. Mit dem großen Vor- respektive Nachteil, dass das Weiterleiten von Messenger-Nachrichten weitaus schneller geht als das Vervielfältigen von papiernen Briefen. Der Tenor der virtuellen Momo-Kettenbriefe lautet beispielsweise: „Leite diese Nachricht an fünf deiner Freunde, sonst kommt Momo dich Nacht besuchen.“ Schnell wurde Momo bereits bei den Kleinsten in der Grundschule zum Thema. Sogar zu Kindergärten ist das Phänomen durchgedrungen. Das Original soll nicht mehr existieren: Der Momo-Erschaffer hat die Figur vor Schreck über die unrühmliche Eigendynamik im Netz angeblich zerstört.
Wie ein schlechter Witz taucht Momo hier und da in den sozialen Netzwerken auf. Angeblich bleibt nicht nur beim schrecklichen Anblick: Messenger-Nachrichten oder YouTube-Videos sollen teils gefährliche Aufforderungen an junge Adressaten richten. Momo befiehlt beispielsweise heimlich einen Horrorfilm anzugucken oder sogar, sich Verletzungen zuzufügen. Diese sogenannten „Momo Challenges“ sollen bereits zu Todesfällen geführt haben: In Argentinien soll sich ein 12-jähriges Mädchen nach Messenger-Aufforderungen von Momo an einem Baum erhängt haben. Bis zum Schluss dabei: die laufende Smartphone-Kamera, um die Challenge zu dokumentieren. Weitere Suizid-Fälle rund um den Globus sollen auf die Momo-Challenge zurückzuführen sein. Allerdings geht man heute davon aus, dass es eine organisierte „Momo Challenge“ nie gegeben hat. Vielmehr wurde der negative Trend rund um die Schreck-Figur dazu genutzt, um einen Hoax, also eine schnell viral gehende Nachricht mit Schock-Faktor, zu verbreiten. Ein Fall aus München, bei dem ein Kind angeblich wegen der Momo-Challenge eine Überdosis Tabletten schluckte, erwies sich als Falschmeldung. Die Schlagzeilen rund um Momo samt besorgter Eltern befeuern wiederum Social-Media-Nutzer, den Trend aufzugreifen. Aufmerksamkeit ist ihnen gewiss. Doch Warnungen bewirken eher das Gegenteil und animieren dazu, verstärkt nach Momo zu suchen.
2019 hat Momo für Schlagzeilen gesorgt, weil sie in YouTube-Videos speziell für Kinder unvermittelt aufgetaucht sein soll: Das Kind entspannt beim Schauen von „Peppa Wutz“ oder einem Video zum beliebten Fortnite-Spiel – nach wenigen Minuten erscheint die Momo-Fratze auf dem Bildschirm. Keine schöne Vorstellung. Ob sie stimmt oder nur Panikmache der Medien ist, ist umstritten. YouTube weist darauf hin, dass Momo zwar in YouTube-Videos zu sehen sein darf, damit jedoch keine Werbeeinnahmen generiert werden können. Momo hat keinen Platz auf dem Kinderkanal YouTube Kids.
Leider kann auch eine sichere Internet-Umgebung wie die NannyBox nicht vor subtilem Grusel schützen – zumal, wenn die Inhalte via Chat kommen. Wenn Eltern den Verdacht haben, ihr Kind könnte Angst vor Momo haben, sollten Sie es direkt darauf ansprechen. Hinter Momo-Text- oder Bildnachrichten steckt keine organisierte Gruppe, sondern Einzelpersonen mit offenbar fragwürdigem Humor. Nehmen Sie der Fratze den Schrecken! Wie das am besten funktioniert, hängt vom Alter des Kindes ab. Jüngere Kinder brauchen schlicht viel Trost und Beruhigung. Älteren Kindern können Sie erklären, dass vermeintliche „Spaßvögel“ sich die seltsame Figur zunutze gemacht haben, um andere zu erschrecken. Wie genau das Beruhigen funktioniert, ist letztlich Typsache. Wichtig ist: Schimpfen Sie nicht, weil Ihr Kind vielleicht einen Fehler gemacht hat – beispielsweise indem es auf WhatsApp einen unbekannten Kontakt angenommen hat. Sonst besteht die Gefahr, dass es sich bei der nächsten Gelegenheit nicht traut, zu Ihnen zu kommen. Vereinbaren Sie aber spätestens jetzt Regeln, die Ihr Kind schützen.
Der Kinderschreck ist auch für Erwachsene eine durchaus einprägsame Erscheinung.
Bitten Sie Ihr Kind:
* Nachrichten, die ihm seltsam vorkommen, mit Ihnen zu besprechen
* Ketten-Nachrichten mit Aufforderungen zum Weiterleiten zu löschen
* keine privaten Informationen mit Fremden zu teilen
* keine Links oder Anhänge zu öffnen
* unbekannte Rufnummern zu blockieren
Momo lebt vor allem dank der starken Aufmerksamkeit – und auch von der Angst der Eltern. Je weniger sich für Momo interessieren, desto eher verschwindet sie wieder in der Versenkung. Dass das so bald geschieht, ist allerdings nicht abzusehen: Bald soll Momo sogar auf Kinoleinwänden für Furcht und Schrecken sorgen.
Ein weiterer virtueller Schrecken mit der Zielgruppe Kinder ist der Game Master.
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